(BAG, Urt. vom 07.08.2019, Az. 2 AZR 426/18)
Das Bundesarbeitsgericht geht in der vorliegenden Entscheidung ausführlich auf den Tatbestand einer Verdachtskündigung als personbedingter Kündigungsgrund ein und grenzt diesen eigenständigen Kündigungsgrund für eine ordentliche Kündigung von verhaltensbedingten Kündigungsgründen ab. Dabei führt das Gericht aus, dass jedes Arbeitsverhältnis ein gewisses gegenseitiges Vertrauen voraussetzt und damit der Kündigungsgrund nicht nur in Kleinbetrieben, in dem Arbeitnehmer und sein Arbeitgeber oder dessen Repräsentanten unmittelbar zusammenarbeiten, zur Anwendung gelangen kann. Dem steht hiernach die in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Unschuldsvermutung nicht entgegen, da ein Gericht Rechtsfolgen, die keinen Strafcharakter besitzen, an einen Verdacht knüpfen kann.
Im Unterschied zu Tatkündigungen, welche verhaltensbedingt sind und stets der richterlichen Überzeugung bedürfen, die Tat sei verwirklicht, handelt es sich bei Verdachtskündigungen um personbedingte Kündigungen. Wirksamkeitsvoraussetzung ist insoweit eine gewisse Dringlichkeit des Verdachts sowie die Annahme, dass das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses objektiv unabdingbare Vertrauen bereits aufgrund des Verdachts eines erheblichen Fehlverhaltens des Arbeitnehmers zerstört ist. Weitere Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung ist schließlich, dass das Verhalten, dessen der Arbeitnehmer dringend verdächtigt ist, – wäre es erwiesen – sogar eine sofortige außerordentliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt hätte.
Da die Verdachtskündigung als ordentliche Kündigung nicht der Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB unterfällt, scheidet die Anwendung der zweiwöchigen Kündigungserklärungsfrist aus. Damit ist die Verdachtskündigung grundsätzlich nicht fristgebunden. Jedoch ist die Kündigung verfristet, wenn aufgrund des längeren Zuwartens die Annahme berechtigt ist, dass die Kündigung nicht durch den Verlust des vertragsnotwendigen Vertrauens bedingt sei.