(LG Essen, Urt. vom 04.03.2022, Az. 19 O 53/21)
Das Landgericht hatte vorliegend über die Haftungsquote eines Auffahrunfalls zu entscheiden. Ausgangspunkt ist insoweit, dass wegen des Auffahrvorgangs der erste Anschein dafürspricht, dass der Auffahrende entweder nicht den notwendigen Sicherheitsbestand eingehalten bzw. nicht die gebotene Sorgfalt bei der Beobachtung des vor ihm fahrenden Verkehrs beachtet hat. Soweit der Beweis für den ersten Anschein nicht entkräftet werden kann, trifft den Auffahrenden im Zweifelsfall bereits eine höhere Mithaftung.
Im vorliegenden Fall hatte der Vorausfahrende ein starkes Abgangsmanöver durchgeführt, um eine Kollision mit einer Gruppe von Kanada-Gänsen zu vermeiden. Fraglich war daher, ob den Vordermann eine entsprechende Mithaftung trifft, wenn er ein starkes Abbremsen ohne verkehrsbedingten Anlass vornimmt und dadurch gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 StVO verstößt. Nach der Entscheidung des Landgerichts war die starke Bremsung jedoch verkehrsbedingt veranlasst gewesen, um eine eigene Gefährdung zu vermeiden. Daher ist nach der Entscheidung das Abbremsen gerechtfertigt mit der Folge, dass der Auffahrende allein haftet.